Offener Brief bez. der Terraristikbörse Berlin
Berlin, den 19. März 2019
Offener Brief an:
Herrn Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin
Frau Ramona Pop, Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Herrn Olf Dziadek, Geschäftsführer der BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co.KG
Umsetzung des Koalitionsvertrages und Entfernung jeglicher Werbung für die Terraristikbörse Berlin von der Internetseite berlin.de
Sehr geehrter Herr Müller, sehr geehrte Frau Pop und sehr geehrter Herr Dziadek,
im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2016-2021 im Land Berlin wurde festgelegt: „Die Koalition wird alle Möglichkeiten nutzen, um den
gewerblichen Handel mit exotischen Tieren auf Tierbörsen zu reduzieren.“ Unter „alle Möglichkeiten nutzen“ ist auch zu verstehen, dass der Senat und seine Verwaltungen gesetzliche Vorgaben wirkungsvoll kontrollieren und Verstöße gegen Gesetze und Richtlinien dauerhaft unterbinden. In Bezug auf die sechsmal jährlich in Tegel stattfindende Terraristikbörse Berlin lässt eine konsequente Umsetzung des Koalitionsvertrags jedoch auf sich warten.
Im Rahmen der Terraristikbörse Berlin werden Frösche, Schlangen, Echsen, Schildkröten, Schnecken, Spinnen, Skorpione, Mäuse, Ratten, Tausendfüßler, Insekten und Würmer zum Verkauf angeboten. Von Tierschützer*innen und Behörden wurden immer wieder Verstöße gegen geltende Gesetze festgestellt und dokumentiert.
Amtlich festgestellte Verstöße beziehen sich auf:
• fehlende, zu kleine oder mangelhafte Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere
• zwischenzeitliche Aufbewahrung von Tieren in ungeeigneten Behältnissen neben dem Stand
• mangelhafte Belüftung der Behältnisse
• unzureichende bzw. fehlende Beschriftungen der Behältnisse
• Abstellen von Tieren in Styroporboxen unter den Verkaufstischen
• fehlende Erlaubnis der Händler nach § 11 Tierschutzgesetz bei entsprechenden Nachzuchtzahlen
Der Berliner Abgeordnete Dr. Michael Efler besuchte in Begleitung von Roger Ruschpler, einem Exotenexperten und Tierpfleger des Tierschutzvereins für Berlin, die Börse. Herr Dr. Efler beschrieb die dort herrschenden Zustände anschließend als schockierend.
Tierschützer*innen, die Begehungen der Börse durchführten, beobachteten zusätzlich zu den oben aufgeführten Beanstandungen:
• mutmaßliche Verstöße gegen das Artenschutzgesetz (Zuchtnachweise fehlen, Kennzeichnungen fehlen)
• Verstöße gegen die Börsenleitlinien (BMEL)
• Interessenten, die die ohnehin winzigen Plastikbehälter hochnehmen, schütteln
• verängstige Tiere
• offensichtlich kranke Tiere
Die Kontrollen durch den Betreiber und das Veterinäramt wurden von den Tierschützer*innen als unzureichend eingeschätzt.
Trotz der Verstöße wird die Börse auf berlin.de, dem offiziellen Hauptstadtportal des Landes Berlin, beworben.
Der Tierschutzverein für Berlin (TVB) hat im Jahr 2018 eine E-Mail mit der Bitte, die Werbung für die Terraristikbörse Berlin von der Internetseite zu entfernen, an die BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG, die Betreiberin von berlin.de, gerichtet. Eine Antwort auf die Bitte blieb aus. Der Bund gegen Missbrauch der Tiere – Geschäftsstelle Berlin hat sich im Januar 2019 an den Senat gewandt, um diesen aufzufordern, die Werbung für die Terraristikbörse auf den Seiten von berlin.de zu unterbinden. Der Berliner Senat antwortet, dass er mit der Betreiberin einen sog. Public-Private-Partnership- Vertrags geschlossen habe und deshalb keinen redaktionellen Einfluss auf die Inhalte ausüben könne. Dies ist in Anbetracht der Informationen aus dem Impressum der Seite überaus verwunderlich. Dort steht: „Die Angebote der einzelnen Landeseinrichtungen werden durch die bei der Senatskanzlei des Landes Berlin angesiedelte „Landesredaktion Berlin.de“ koordiniert. Sie bildendas offizielle Internetangebot des Landes Berlin …“. Zudem dürften Inhalte, die dem Koalitionsvertrag zuwiderlaufen, auch bei relativ großer redaktioneller Freiheit nicht statthaft sein.
Die unterzeichnenden Tierschutzorganisationen fordern den Berliner Senat mit diesem offenen Brief dazu auf, den Koalitionsvertrag einzuhalten und sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass jegliche Werbung für die Terraristikbörse Berlin von der Internetseite berlin.de entfernt wird.
Wir gehen davon aus, dass sich die Betreiberin von berlin.de zweifellos offen für ein solches Anliegen ihres Auftraggebers zeigen wird, sofern in einem Gespräch die Hintergründe für die Entfernung erläutert werden. Wir bitten Sie, diese Gespräche unverzüglich aufzunehmen und so die Werbung für Tierleid auf dem offiziellen Hauptstadtportal des Landes Berlin zu beenden und zukünftig zu unterbinden.
Darüber hinaus erwarten wir, dass die Landesregierung sämtliche Möglichkeiten ausschöpft, um Terraristikbörsen in Berlin künftig gänzlich zu unterbinden.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Hoger Rolf Kohnen Claudia Hämmerling
Fachreferentin Leiter der Berliner 2. Vorsitzende des
PETA Deutschland e. V. Geschäftsstelle des bmt e. V. Tierschutzvereins für Berlin