Schutz der Katzen in Berlin
Die wenigsten wissen, dass allein in Deutschland rund zwei Millionen Katzen auf der Straße, auf Friedhöfen, in Hinterhöfen oder in stillgelegten Industriegebäuden leben. Denn man sieht sie nicht.
Wir wollen dieses Katzenleid sichtbar machen und informieren. Jede einzelne Straßenkatze stammt von einer unkastrierten Hauskatze ab. Deren Besitzer*innen haben die Katzen entweder ausgesetzt oder versäumt, ihren Freigänger kastrieren zu lassen. Die Straßenkatzen leiden, kämpfen um ihr tägliches Futter und ein Obdach. Ohne ehrenamtliche Hilfe würden viele Katzen den Kampf ums Überleben nicht überstehen, denn freilebende Katzen sind entgegen der weitläufigen Meinung keine Wildkatzen, sondern domestizierte Haustiere, die auf menschliche Fürsorge und Pflege angewiesen sind.
Jede Katze kann bis zu zwölf Kitten im Jahr bekommen. Diese wiederum bekommen spätestens nach einem Jahr ebenfalls jede zwölf Kitten. Berechnungen des Deutschen Tierschutzbundes zu Folge können aus einer Katze im Laufe von 10 Jahren rund 200 Millionen Nachkommen entstehen. 76% der Katzen kommen im Frühjahr und Sommer zur Welt.
Das merken auch wir im Tierheim Berlin. Jedes Jahr im Mai stehen wir vor einer riesigen personellen und finanziellen Herausforderung. Unzählige tragende Katzen, Katzen mit schon geborenen Kitten oder nur die Kitten landen bei uns im Tierheim. Dies ist eine regelrecht Katzenflut, die nur durch Kastration der freilebenden Katzen und der Freigängerkatzen bewältigt werden kann. Und zwar rechtzeitig.
Laut vorsichtigen Schätzungen gibt es rund 10.000 Straßenkatzen in Berlin. Sie verstecken sich in Hinterhöfen, auf Friedhöfen, in Industriegebieten oder Kleingartenkolonien. Der Tierschutzverein für Berlin unterstützt die Fütterung dieser Tiere monatlich mit rund 9.000 Dosen Katzenfutter. Allein unsere Ehrenamtlichen füttern damit Hunderte Katzen und Kater in der Stadt. Mitglieder der Katzenschutz-AG und unsere Tierschutzberatung sind außerdem unterwegs, um Einzeltiere oder Katzen mit ihren Kitten einzufangen, damit sie bei uns im Tierheim Berlin tierärztlich untersucht, Elterntiere kastriert und Jungtiere gepäppelt, gezähmt und vermittelt werden können.
Seit dem 8. Juni 2022 müssen alle Freigänger-Katzen verpflichtend kastriert werden, wenn sie älter als fünf Monate sind. Zusätzlich müssen sie mit einem Chip gekennzeichnet und über ein entsprechendes Portal (z.B. das Haustierregister Findefix) registriert werden. Die Registrierung ist kostenlos, muss aber von den Halter*innen selbst durchgeführt werden.
Vom 20. Mai 2021
Auf Grund des § 13b Satz 1 bis 3 des Tierschutzgesetzes, der durch Artikel 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2182) eingefügt worden ist, verordnet der Senat von Berlin:
§ 1
Regelungszweck; Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung dient dem Schutz von freilebenden Katzen vor erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden, die auf eine hohe Anzahl dieser Katzen innerhalb des Stadtgebiets Berlin zurückzuführen sind.
(2) Diese Verordnung gilt für das gesamte Stadtgebiet Berlin (Schutzgebiet).
§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung ist
1. Katze ein weibliches oder männliches Tier der Art Hauskatze (Felis silvestris catus) und deren Kreuzungen mit anderen Arten,
2. freilebende Katze eine solche, die nicht oder nicht mehr von einem Menschen gehalten wird,
3. fortpflanzungsfähige Katze eine solche, die fünf Monate oder älter ist und nicht unfruchtbar gemacht worden ist,
4. Haltungsperson, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über eine Katze in eigenem Interesse und nicht nur ganz vorübergehend ausübt und das wirtschaftliche Risiko des Verlusts des Tieres trägt,
5. Unfruchtbarmachung, die Entfernung der männlichen oder weiblichen Keimdrüsen, also der Hoden oder Eierstöcke (Kastration),
6. unkontrollierter freier Auslauf einer Katze, wenn diese sich frei bewegen kann und wenn weder die Haltungsperson, noch eine von ihr beauftragte oder für sie handelnde Person unmittelbar auf die Katze einwirken kann, um ein Entweichen zu verhindern.
§ 3
Pflichten für Haltungspersonen
(1) Personen, die im Schutzgebiet eine fortpflanzungsfähige Katze halten, dürfen dieser keinen unkontrollierten freien Auslauf gewähren.
(2) Wer im Schutzgebiet eine nicht fortpflanzungsfähige Katze hält und ihr unkontrollierten freien Ausgang gewährt, muss diese zuvor kennzeichnen und registrieren lassen.
(3) Die Kennzeichnung einer Katze erfolgt fälschungssicher und dauerhaft durch die Implantierung eines elektronisch lesbaren Transponders (Mikrochip) gemäß ISO-Norm auf Kosten der Haltungsperson durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt.
(4) Die Registrierung erfolgt nach Wahl der Haltungsperson bei einem von der für Tierschutz zuständigen Senatsverwaltung anerkannten privaten Haustierregister (Registerstelle). Sofern die Registrierung bei der Registerstelle mit Kosten verbunden ist, hat die Haltungsperson diese zu tragen.
§ 4
Pflichten und Anerkennung der Registerstellen
(1) Bei den Registerstellen sind mindestens das Geschlecht der Katze, Angaben zur Fortpflanzungsfähigkeit, die Daten des Mikrochips sowie der Name und die Anschrift der Haltungsperson zu erfassen.
(2) Die Registerstellen sind verpflichtet, der zuständigen Behörde auf Anfrage Auskunft über die nach Absatz 1 gespeicherten Daten zu erteilen. Die zuständige Behörde darf diese Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung verarbeiten, soweit dies erforderlich ist.
(3) Private Haustierregister werden von der für Tierschutz zuständigen Senatsverwaltung auf schriftlichen Antrag als Registerstelle anerkannt und auf der Internetseite der Senatsverwaltung veröffentlicht, wenn sie sich verpflichten, die Anforderungen nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 zu erfüllen und das geltende Datenschutzrecht einzuhalten.
§ 5
Maßnahmen gegenüber der Haltungsperson
(1) Wird entgegen § 3 Absatz 1 eine fortpflanzungsfähige Katze im Schutzgebiet angetroffen, so kann der Haltungsperson von der zuständigen Behörde aufgegeben werden, das Tier auf eigene Kosten unfruchtbar machen zu lassen. Die Unfruchtbarmachung darf nur von einer Tierärztin oder einem Tierarzt durchgeführt werden.
Bis zur Ermittlung der Haltungsperson kann die Katze durch die zuständige Behörde oder einer von dieser beauftragten Person in Obhut genommen werden.
(3) Ist eine nach Absatz 1 angetroffene Katze nicht gekennzeichnet und registriert und kann die Haltungsperson nicht innerhalb von fünf Tagen identifiziert und erreicht werden, so kann die zuständige Behörde die Unfruchtbarmachung sowie sämtliche mit dieser im Zusammenhang stehenden notwendige Maßnahmen auf Kosten der
Haltungsperson durchführen. Handelt es sich zweifelsfrei um eine freilebende Katze, verkürzt sich die in Satz 1 genannte Frist auf 48 Stunden.
(4) Der zuständigen Behörde ist auf Verlangen ein Nachweis über die durchgeführte Unfruchtbarmachung und Kennzeichnung sowie Registrierung vorzulegen.
Ausnahmen
(1) Von der Pflicht der Anordnung nach § 5 Absatz 1 können von der zuständigen Behörde auf Antrag Ausnahmen zugelassen werden, wenn ein berechtigtes Interesse der Haltungsperson an der gewerblichen Zucht mit der Katze besteht. Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung aus züchterischen Interessen ist, dass die Haltungs–
person über eine Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8a des Tierschutzgesetzes verfügt und glaubhaft macht, dass eine Kontrolle und Versorgung der Nachkommen gewährleistet ist. Darüber hinaus können Ausnahmen nach Satz 1 nur zugelassen werden, sofern bei der Katze eine dauerhafte Narkoseunfähigkeit oder eine andere schwerwiegende tiermedizinische Kontraindikation für eine
Unfruchtbarmachung besteht und diese durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt nachgewiesen wurde. Eine Maßnahme nach § 5 Absatz 3 unterbleibt, wenn ein Sachverhalt nach Satz 1 oder Satz 3 bekannt ist.
(2) Die übrigen Bestimmungen hinsichtlich der Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht in § 3 Absatz 2 bleiben unberührt.
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt zwölf Monate nach ihrer Verkündung in
Kraft.
Berlin, den 20. Mai 2021
Der Senat von Berlin
Michael M ü l l e r
Regierender Bürgermeister
Dr. Dirk B e h r e n d t
Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung
Infos zur Katzenschutzverordnung auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz:
www.berlin.de
Berlinweit: Die TVB-Kampagne zur Katzenschutzverordnung
Unser Kampagnenmotiv können Sie hier herunterladen.
Der Tierschutzverein für Berlin hilft
Grundsätzlich gilt: Kastrationen sind von den Tierhalter*innen selbst zu bezahlen.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es jedoch möglich, einen Gutschein (Zuschuss) für die Kastration Ihrer Kätzin/Ihres Katers zu erhalten. Dazu müssen Sie zunächst Ihre Bedürftigkeit nachweisen und Ihren Wohnsitz in Berlin haben. Hierzu senden Sie uns bitte per Mail (an jana.wenderoth@tierschutz-berlin.de) oder per Post eine Kopie Ihres aktuellen Bewilligungsbescheids (z.B. Rentennachweis, BaFög-Bescheid, Wohngeldbescheid, ALG1/ALG2 Bescheid Arbeitsagentur/Jobcenter) sowie ein Foto oder Scan der Vor- und Rückseite Ihres Personalausweises (ggf. alternativ eine Meldebescheinigung) zu.
Wenn die Überprüfung Ihres Einzelfalls positiv ausfällt, können wir Ihnen abhängig vom Geschlecht Ihrer Katze einen Gutschein über 75 Euro oder 50 Euro per Post zusenden, den Sie dann bei Ihrem Tierarzt verrechnen können. Bitte teilen Sie uns auch mit, ob es sich um eine Kätzin oder einen Kater handelt. Bitte beachten Sie: Der Gutschein muss vor der Kastration beantragt werden.
HINWEIS: Diese Aktion finanziert sich aus Spendengeldern. Wir erhalten sehr viele Anträge auf Kastrationsgutscheine, müssen aber jeden Einzelfall genau prüfen und können nur den wirklich bedürftigen Tierhalter*innen helfen. Vielen Dank für Ihr Verständnis!