Stadttauben verdienen unseren Schutz!

Das schwere Los der Stadttauben

Hartnäckig hält sich die Angst, dass Tauben per se gefährliche Krankheiten übertragen würden. Aber Hand aufs Herz: Wie viele Menschen oder Tiere kennen Sie, die an von Tauben übertragenen Krankheiten leiden oder gar gestorben sind? Vielmehr sind es vor allem Menschen mit intensivstem Kontakt zu ihnen, die zum Beispiel Atemprobleme bekommen können. Die sogenannte Vogelhalterlunge wird verursacht durch häufiges Einatmen von Federstaub – allerdings nicht nur bei Tauben. Zur Krankheitsübertragung gehört also mehr, als einen Taubenschwarm vor dem Fenster zu haben oder an einigen von ihnen auf dem Marktplatz vorbeizugehen.

Die, die wirklich leiden, sind die Tauben selbst. Täglich sterben sie zu Hunderten. Küken fallen aus Nestern und werden überfahren, adulte Tiere hungern oder es wird auf sie geschossen. Sie werden getreten und vertrieben, verenden in Taubenspikes oder Spezialkleister, fliegen gegen Scheiben oder werden auf Schienen von S-Bahnen zermalmt. Auch bis zur Verkrüpplung verschnürte Füße sind ein Problem – Resultat von Müll und Textilfäden. Menschengemachtes Leid.

Gutachten: Stadttauben sind Haustiere

Die Zahl der Berliner Tauben ist ungewiss. Schätzungen gehen von mindestens 10.000 Tieren aus. An belebten Orten leben Schwärme von mehreren hundert Tieren, hauptsächlich Stadttauben. Sie sind Nachfahren von Zucht-, Rasse- und Brieftauben, brüten aufgrund angezüchteten Brutverhaltens mitunter das ganze Jahr. Auch das also: menschengemacht. Das bestätigt ein von der Berliner Landestierschutzbeauftragten Dr. Kathrin Herrmann in Auftrag gegebenes Gutachten: Bei den Stadttauben handelt es sich demnach in Deutschland „immer um Haus-, d.h. domestizierte Tiere“. Das lasse sich durch Analysen des Erbguts sowie ihrer Verhaltens- und Fortpflanzungsbiologie wissenschaftlich belegen. Konkret heißt es: „Stadttauben sind in Deutschland von Haustauben nicht als Art oder Unterart abgrenzbar. Der Genpool der Stadttaubenpopulationen ist nicht isoliert. Eine Dedomestikation hat nicht stattgefunden.“

Ein Meilenstein für den Tierschutz, der zu einem Umdenken vor allem der Kommunen führen muss. In vielen Städten ist das Füttern von Stadttauben bei Strafe verboten, niemand kümmert sich um kranke oder verletzte Tiere. Fütternde stehen vor Gericht. Da Tauben aber also Haustiere sind, müssen sie genauso behandelt werden wie zum Beispiel ein Hund. Eine Versorgung und die Fütterung sind demzufolge nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten, ja verpflichtend, Fütterungsverbote rechtswidrig und ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Es muss vorangehen mit dem Tierschutz. Betreute Taubenprojekte sind eine großartige Alternative. Das oben genannte Gutachten kommt zu dem Schluss: „Nur im Bereich solcher betreuter Taubenschläge mit Fütterungsangebot im Taubenschlag wären überdies kommunale Taubenfütterungsverbote für Plätze und Straßen außerhalb der Futterstellen rechtskonform möglich und tierschutzfachlich sinnvoll, da nur dann gleichzeitig eine artgemäße Versorgung der Tiere sichergestellt wäre.“

Taube ist nicht gleich Taube

In Berlin sind Stadttauben und Ringeltauben am verbreitetsten. Türkentauben kommen eher seltener bzw. nur in bestimmten Gebieten vor. Als Stadttauben werden die Nachfahren von Zucht-, Rasse- und Brieftauben bezeichnet, die sich in Städten angesiedelt haben. Die sogenannte Haustaube stammt von der Felsentaube ab, ihr natürlicher Lebensraum sind Felsklippen an Meeresküsten. Da es in unserem Land kaum oder keine Felsklippen gibt, bevorzugen sie Städte mit ihren Hausnischen und Vorsprüngen, da diese ihrer ursprünglichen Nistgelegenheit am nächsten kommen. Wildtauben, also Ringel-, Türken- und Turteltauben finden in der Regel selbst Futter und haben ein natürliches Brutverhalten, das sich an Jahreszeiten und Futterangebot orientiert. Haustauben haben hingegen ein angezüchtetes Brutverhalten und brüten mitunter das ganze Jahr.

Türkentaube

Die Türkentaube (Streptopelia decaocto) ist eine nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) § 7 Abs. 2 Nr. 13 besonders geschützte Art.

Ringeltaube

Die Ringeltaube (Columba palumbus) ist weit verbreitet und siedelt sich dort an, wo es Bäume gibt – in dichten Wäldern, Parks oder einzelnen Baumgruppen.

Stadttaube

Stadttauben sind Nachkommen entflogener Haus- und Brieftauben. Leider sind viele Menschen diesen anpassungsfähigen und intelligenten Vögeln gegenüber eher negativ eingestellt.

Gefährliches Leben in der Stadt

Das Leben im urbanen Raum ist für die Tauben gefährlich. Straßenverkehr, freilaufende Hunde, Fallen oder sogar Gift sind ständige Gefahren. Regelmäßig verenden Tauben in Netzen oder sogenannten Taubenabwehr-Spikes.

   

Aber ein vermeintliches „Problem“ – wie eine große Taubenpopulation – muss man mit Augenmaß angehen. Betreute Taubenschläge sind wirksame und nachhaltige Mittel zur Eindämmung der Population. Aber es ist natürlich einfacher, todbringende Klebepaste auf Fensterbretter zu schmieren, in der die Tiere hängenbleiben und elendig verenden. Und kostengünstiger sowieso. „Für schöne Fassaden und ansprechende Bauwerke“ wirbt ein Anbieter. Ganze Internetseiten widmen sich nur Produkten zum Verjagen von Tieren: Tauben, Spatzen, Krähen, Waschbären, Wildschweine, Biber – alles muss weg.

Eine wichtige, tierschutzgerechte Maßnahme ist unter anderem die Einrichtung geeigneter Nistmöglichkeiten, die für die Tauben attraktiv sind und in denen durch Austausch der Gelege der Taubenbestand reguliert werden kann – in Form von Taubenhäusern oder -türmen. Doch die Kommunen tun sich meist schwer, den Tierschutz an dieser Stelle zu unterstützen und sich dem Thema Stadttauben sinnvoll, nachhalrig und tierschutzgerecht zu widmen.